LETTONIE - RUSSIE, Traités et documents de base


Vertrag über die Umsiedlung lettischer Bürger deutscher Volkszugehörigkeit in das Deutsche Reich. 30.Oktober 1939 (français)


Die Deutsche Reichsregierung,
geleitet von dem Wunsch, die deutschen Volkszugehörigen auf dem Gebiet des Reichs zu sammeln, und

die Lettische Regierung,
die ihre Zustimmung zu der Umsiedlung lettischer Bürger deutscher Volkszugehörigkeit gibt,

haben beschlossen:
a) diese Umsiedlung als einen einmaligen Vorgang durchruführen, womit die deutsche Volksgruppe aus dem lettischen Staatsverband ausscheidet;
b) alle damit zusammenhängenden Fragen durch einen Vertrag endgültig zu regeln, wobei eine möglichst reibungslose Abwicklung der in Lettland zurückgelassenen Vermögenswerte der Umsiedier zu gewährleisten und gleichzeitig eine Schädigung der lettischen Volks- und Staatswirtschaft tunlichst zu vermeiden ist,

und haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt

die Deutsche Reichsregierung:
den ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Herrn Ulrich von Kotze,

die Lettische Regierung:
den Justizminister Herrn Hermanis Apsits,

welche nach Vorlegung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgende Bestiminungen vereinbart haben:

Artikel l.
Die Lettische Regierung verpflichtet sich, diejenigen lettischen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit aus der lettischen Staatsangehörigkeit zu entlassen, welche bis zum l5. Dezember l939 freiwillig ihren Entschluss bekunden, für alle Zeiten aus der lettischen Staatsangehörigkeit auszuscheiden und ihren ständigen Wohnsitz in Lettland zu verlassen.

Die Deutsche Reichsregierung verpflichtet sich, die vorgenannten Personen nach ibrer Entlassung aus der lettischen Staatsangehörigkeit mit dein Ziel der Einbürgerung in das Deutsche Reich aufzunehmen.

Artikel II.
Die Entlassung kann jeder deutsche Volkszugehörige beantragen, der das l6. Lebensjahr vollendet hat.

Eheleute entscheiden frel je für sich.

Für Kinder unter l6 Jabren und bevormundete Personen handelt deren gesetzlicher Vertreter. Er kann für sie auch eine andere Staatsangehörigkeit wählen ais für sich selbst.

Der Antrag auf Entlassung kann nicht zurückgenommen werden.

Artikel III.
Die lettische Entlassungsbehörde stellt den Umsiedlern eine Entlassungsurkunde aus welche gleichzeitig als Ausreiseausweis gilt. Mit der Aushändigung dieser Urkunde erlischt die lettische Staatsangehörigkeit und entsteht die in Artikel I Abs.2 genannte Verpflichtung der Deutschen Reichsregierung hinsichtlich der in der Urkunde genannten Personen.

Artikel IV.
Die Umsiedler müssen Lettland nach Empfang der Entlassungsurkunde bis zum l5. Dezember l939. verlassen. Die Deutsche Reichsregierung sorgt für die Ausreisemöglichkeit und trägt alle damit verbundenen Kosten, soweit sie nicht den Umsiedlern zur Last fallen.

Die Lettische Regierung verpflichtet sich, den Umsiedlern keine Hindernisse zu bereiten und bei der Abwanderung behilfisch zu sein.

Artikel V.
Die in d!esem Vertrage vorgesehenen Mitteilungen und Eingaben hezüglich der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit sind von Stempel- und Kanzleigebühren befreit.

Artikel VI.
Die Lettische Regierung betraut eine besondere Behörde mit der Regelung der vermögensrechtlichen Aufgaben, die sich für sie aus der Umsiedlung ergeben.

Deutscherseits wird zu diesem Zweck in Lettland eine Umsiedlung-Treuhand- Aktiengesellschaft (im nachstehenden UTAG genannt) errichtei, die den lettischen Gesetzen über Aktiengesellschafen mit denjenigen Ausnahmen unterliegt, die im Zusatzprotokoll festgelegt sind.

Artikel VII.
Grundsätzlich können die Umsiedler ihr gesamtes bewegliches Eigentum bei der Umsiedlung mitnehmen oder nachdem es in Zollverwahrung gegehen ist bis zum l5.März l940 ausführen lassen.

Insoweit die Umsiedler kein bewegliches Eigentum mitnehmen oder ausführen lassen, sind sie befugt, dieses Eigentum vor ihrer Abreise selbst zu veräusssern.

Von der Mitnahme und späteren Ausfuhr: beweglichen Eigentums sind diejenigen Gegenstände ausgenommen, für die dies in dem Zusatzprotokoll vorgesehen ist. Nur diese Gegenstände dürfen bis l5. Mai l940 durch die UTAG veräussert werden. Die Veräusserungsfrist bis zuir l5. Mai l940 findet auf Wertpapiere keine Anwendung.

Artikel VIII.
Mit dem Tage der Ausreise übernimmt die Lettische Regierung die Obhut über den von den Umsiedlern unveräussert zurückgelassenen Grundbesitz. Die UTAG, die laut diesem Vertrage als ausschliessliche Vertreterin der abgewanderten Urnsiedler in allen ihren vermögensrechtlichen Angelegenheiten glit, übernimmt mit demselben Tage die ausschliessliche Verwaltung dieses Grundbesitzes und die Verfügung darüber gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages.

Artikel IX.
Der in Lettland zurückgelassene städtische Grundbesitz der Umsiedler wird an Hand von Verzeichnissen ermittelt. Diese Grundbesitz kann die UTAG bis zum 3l.Dezeniber l94l selbst verüssern.

Die beiden Regierungen werden in der Zeitspanne zwischen dem 30.Juni und dem 3l. Dezember l94l eine Regelung über die Liquidation des zum 3l.Dezember l94l etwa noch nicht veräusserten Grundbesitzes treffen. Dabei wird von dem Grundsatz ausgegangen werden, dass am 3l.Dezember l94l die lettische Behörde oder von derselben zu benennende Stellen den gesamten unveräussert gebliebenen städtischen Grundbesitz gegen Ubergabe von Sehuldverschreibungen an die UTAG zur freien Verfügung übbernehmen, wobei dessen Bewertung nach Massgabe gemeinsam festzusetzender Grundlagen statthindet.

Artikel X.
Der in Lettland zurückgelassene ländliche Grundbesitz der Umsiedler wird an Hand von Verzeichnissen ermittelt. Bis zum 3l. Januar l940 stellen die lettische Behörde und die UTAG gemeinsam an Hand der Verzeichnisse den Wert des zurückgelassenen Grundbesitzes fest. Die Feststellung erfolgt gemäss den besonders vereinbarten Richtlinien.

Kommt zwischen der lettischen Behörde und der UTAG eine Einigung über den Wert des einen oder anderen Objekts nicht zustande, so soll die Einigung durch die beiden Regierungen heibeigeführt werden.

Bei der Bewertung des ländlichen Grundbesitzes muss der Wert der im Grurpdbuch eingetragenen Belastungen in Abzug gebracht werden, soweit letztere die Bewertung nicht übersteigen.

Artikel XI.
Entsprechend dem festgestellten Gesamt wert des ländichen Grundbesitzes übergibt die lettische BehörIe der UTAG Schuldverschreihungen mit dein Ausstellungsdatum des 3l. Januar l940.

Gegen Ubergabe dieser Schuldverschreibungen überlässt die UTAG den gesamten Grundbesitz der lettischen Behörde oder den von dieser benennenden Stellen zur freien Verfügung.

Die im Grundbuch eingetragenen Belastungen gehen auf die lettisclie Behörde nur insoweit über, als deren Wert die Bewertung des Grundbesitzes nicht übersteigt.

Artikel XII.
Die Industrie- und Handelsunternehmen der Umsiedler werden von beiden Regierungen gemeinsam an Hand von Verzeichnissen ermittelt. Von den so ermittelten Unternehmen werden durch gemeinsame Beschlussfassung der beiden Regierungen diejenigen Unternehmen ausgesoodert, welche für die deutsch-lettischen Handelsbeziehungen wchtig sind. Diese Untemehmen unterliegen einer Sonderregelung, die zwischen den beiden Regierungen Vereinbart wird. Uber die übrigen Unternehmen entscheidet die Lettische Regierung. Die Möglichkeit privater Vereinbarungen wird hierdurch nicht berührt. Soweit die Lettische Regierung auf Liquidation erkennt, erfolgt diese durch den Eigentümer oder die UTAG gemäss den allgemeinen Bestimrnungen der lettichen Gesetzgebung.

Artikel XIII.
Der Grundbesitz der Kirchen-Gemeinden, der nicht Gewinn bezweckenden Vereine und Verbände und anderer derartiger Organisationen wird nach lettischem Gesetz liquidiert.

Auf das bewegliche Eigentum dieser Organisationen finden die Bestimmungen dieses Vertrages über des bewegliche Eigentum natürlicher Personen sinngemäss Anwendung.

Die zur Ausfuhr nicht genehmigten Kulturwerte gehen ohne Entschädigung in das Eigentum des Lettischen Staates über.

Artikel XIV.
Als Wohnsitz eines Uumsiedlers gilt in allen privatrechtlichen und prozessualen Fragen der letzte Wohnsitz in Lettland, in Zweilefslalle die Hauptstadt Riga.

Artikel XV.
Die UTAG trägt mit dem Von ihr verwalteten Vermögen sowie mit dem erlösten Gegenwert desselben die Gesamthaftung für alle noch nicht befriedigten Forderungen des Lettischen Staates, der Selbstverwaltungen und aller übrigen juristischen und natürlichen Personen gegen jeden Umsiedler, soweit nicht Insolvenzfälle vorliegen.

In erster Linie müssen diejenigen Forderungen befriedigt werden, die in Lettand entstanden sind.

Bei fiskalischen Forderungen des Staates und der Selbstvervaltungen steht dem Schulner das Beschwerderecht zu. Alle übrigen Forderungen werden von einier paritätisch zusammengesetzen deutsch-lettischen Kommission auf ihre Berechtigung geprüft und anerkannt oder ab gewiesen.

Forderungen, die in Raten zahibar und bei der Liquidation der UTAG noch nicht befriedigt sind. müssen unter Berücksihtigung eines Zeitraums von höchstens zehn Jahren befriedigt oder sichergestellt werden.

Artikel XVI.
Die UTAG wird der lettischen Behörde spätestens bis rum 3l.Mai l940 Aufstellungen aller vor der Abreise nicht befriedigten Forderungen und Vertragsrechte der Umsiedler übermitteln. Für die nicht rechtzeitig mitgeteilten Forderungen und Vertragsrechte haben die vermögensrechtichen Bestimmungen dieses Vertrages keine Geltung.

Artikel XVII.
Sämtliche Barbeträge und Guthaben. die nach den Bestimmungen dieses Vertrages angesammelt werden, sind auf ein dafür bestimmtes Konto bei der Latvijas Banka einzuzahlen oder zu überführen. Dieses Konto wird nach Errichtung der UTAG von dieser übernommen. Auszahlungen aus diesem Konto dürfen nur innerhalb Lettlands geleistet werden und nur soweit sie im Rahmen der Umsiedlungsaktion erforderlich sind. Etwa nötige Genehmigungen sind einzuholen.

Wertpapiere sind entsprechend in das Depot der U'TAG bei der Latvijas Banka zu überführen; sie können soweit tunlich in Barguthaben verwandelt werden.

Auf Antrag der UTAG werden tiber diejenigen auf dem Konto stehenden Beträge, deren sie für ihre Geschäftstätigkeit nicht bedarf, von der Latvijas Banka Schuldverschreibungen mit dem Ausstellungsdatum des dem Antrage nachfolgenden Vierteljahrsersten ausgestellt und der UTAG übermittelt.

Die Deutsche Verrechnungskasse und die Latvijas Banka werden die zur technischen Durchfühung der Transferierung erforderliche Einzelvereinbarung treffen.

Artikel XVIII.
Der Transfer der auf dem Sonderkonto bei der Latvijas Banka angesammelten Vermögenswerte erfolgt gründsätzlich im Wege zusätzlicher Ausfuhr lettischer Waren nach Deutschland. Die Deutsche Reichsregierung erklärt sich grundsätzlich bereit, über andere ihr von der Lettischen Regierung vorgeschlagene Transfermöglichkeiten zu verhandeln und selbst Vorsehläge zu machen.

Bis zur endgültigen Regelung der Transferfrage gilt die vorläufige Transfervereinbarung.

Artikel XIX.
Die Lettische Regierung trägt keine Verantwortung fur Velüste, die den Umsiedlern im Zusammenhang mit der Rückwanderung der deutschen Volksgruppe entstehen könnten.

Artikel XX.
Die Bestimmungen dieses Vertrages finden sinngemäss auch auf diejenigen deutschen Reichsangehörigen Anwendung, die in Zuge der in diesem Vertrage vorgesehenen Umsiedlung nach Deutschland abreisen.

Artikel XXI.
Soweit in diesem Vertrag nichts Gegenteiliges vereinbart ist, finden die allgerneinen lettischen Gesetzesbestimmungen Anwendung.

Artikel XXII.
Genauere Bestimmungen über einzelne Fragen sehen die Vertragschliessenden Regierungen in einem Zusatprotokoll vor, das diesem Vertrage angegliedert ist und gleichzeitig mit ihm unterzeichnet wird.

Artikel XXIII.
Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Urkunden darüber sollen sobald als möglich in Berlin ausgetauscht werden.

Er tritt mit dem Tage des Austausches der Ratifikations-Urkunden in Kraft.

Die Vertragschliessenden Teile haben sich geeinigt, die Bestimmungen dieses Vertrages von Tage der Unterzeichnung ab vorläufig anzuwenden. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag eigenhändig unterzeichnet.

Ausgefertigt in doppelter Urschrift in deutscher und lettischer Sprache.

Riga, den 30. Oktober 1939.

R. A p s i t s.
U. von K o t z e.

Quelle:
Janis Dagis, Prezidents Karlis Ulmanis III., Ed.Latvijas Universitate 1990, p.529 facsimilé bilingue du "Likumu un Ministru kabineta noteikumu krajums" du 8 novembre 1939.


Commentaires:
  • Cet accord est la formalisation en Lettonie du Protocole confidentiel du 28 septembre 1939 annexé au Traité Germano-Soviétique de délimitation et d'amitié du 28 septembre 1939.
    , Suisse Romande, 8 décembre 1997 Mise à jour: 22 février 2001
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